úterý 1. srpna 2017

GERECHTIGKEIT AUF TSCHECHISCH

Die Tschechische Republik präsentiert sich als demokratischer Staat,  dessen Behörden Gesetze sorgfältig einhalten. Wichtig ist nicht, was der Staat über sich selbst sagt, nur die Wahrheit zählt. Es scheint, dass besonders im Bereich Strafverfahren unterschiedlichste Ausnahmen anzutreffen sind.

In Brünn beispielsweise wurden zwei Strafverfahren eingeleitet, die den tschechischen Staatsbürger iranischer Abstammung und angeblichen Milliardär, Shahram Abdullah Zadeh, betreffen. Der Anklage im „großen“ Verfahren zufolge war er Chef von einer Tätergruppe, die innerhalb von 13 Monaten 2,5 Milliarden CZK (etwa 96 Millionen EUR) Mehrwertsteuer absichtlich nicht bezahlt hat. Zusammen mit ihm stehen weitere 14 Angeklagte vor Gericht stehen, aber Dutzende kleine Verkäufern, die keine Mehrwertsteuer gebezahlt haben und dann untergetaucht sind, blieben für die Polizei unbekannt oder sind zumindest nicht durch die Staatsanwaltschaft nicht angeklagt worden. Von den 14 Mitangeklagten hatten nur vier Personen etwas mit Shahram Abdullah Zadeh etwas zu tun, die anderen haben ihn erst während der Ermittlungen kennengelernt.

Obwohl ich bei allen Gerichtshandlungen anwesend war, habe ich bisher nicht erfahren, wie bzw., mit welchen Mitteln Shahram Abdullah Zadeh Dutzende von Verbrechern leiten konnte, wenn die Leute keinen Kontakt zu ihm hatten, er ihnen sogar unbekannt war. Am wenigstens die  Mitangeklagten keine Zeugnis gegen ihm vorgestellt haben. Ich bin jetzt gespannt, ob sich die Situation im Herbst verändert, wenn die Zeugen verhören werden.

Zu Beginn der Ermittlungen verfolgte die Polizei einen gewissen Petr Pfeifer, Chef der Hauptgeschäftsgesellschaft des gesamten Netzes, als Hauptverbrecher. Dan sind plötzlich, aus unbekanten Gründen alle Dokumenten über Petr Pfeifer verschwunden, und er selbst wurde zum Kronenzeugen. Er ist sogar nicht beschuldigt worden. Seinen Platz im Puzzle nahm  Shahram Abdellah Zadeh, welcher der Polizei bisher unbekannt war. Bisher ist nur sicher, dass seine Firmenggruppe Stron Strike AG der Gruppe von Petr Pfeifer einen hohen Kredit gewährt hat und auch Petr Pfeifer einige Millionen CZK für seinen persönlichen Bedarf geliehen hat (es ist für den Schuldner immer vorteilhaft, dem Gläubiger ins Gefängnis zu helfen).

Das „große“ Gerichtsverfahren kommt außerordentlich langsam voran. Die öffentlichen Gerichtsverhandlungen begannen im Januar 2016, und bis Anfang Juni 2017 fanden nur Hauptanhörungen von Angeklagten statt, bzw. wurden ergänzt. Nach einer Pause von 3 Monaten werden hoffentlich am 24. September Anhörungen Dutzender Zeugen folgen. Meiner Meinung nach wird dieser Prozess in diesem Jahr nicht mehr zum Abschluss kommen.

Shahram Abdullah Zadeh verbrachte 22 Monate in Haft. Erst nachdem seine Familie und Freunde einen „Rekord-Kautionsbetrag“ von 150 Millionen CZK (etwa 5,8 Millionen EUR) hinterlegten und er dazu unterschiedliche zusätzliche Pflichte akzeptiert hatte, wurde er aus der Haft entlassen. Noch im Gefängnishof wurde er auf Befehl eines Staatsanwalts erneut von der Polizei festgenommen, mit dem Ziel, in die vorläufige, zeitlich unbegrenzte Haft zu setzen. In diesem Fall hat das Kreisgericht Brünn den Antrag abgelehnt , weil es keine juristischen und sachlichen Voraussetzungen dafür befunden hat.  Außerdem berücksichtigte das Gericht die hohe Kaution als Sicherheit, dass Shahram Abdullah Zadeh die Tschechische Republik nicht verlässt.

Die pPsychologische Auswirkungen dieses Ereignisses auf den Angeklagten, seine Familie und Freunde waren furchtbar. Man könnte von ursachenlosen psychologischen Misshandlungen sprechen. Der Staatsanwalt, der sich diesen Versuch ausgedacht hat, konnte es sich erlauben, weil er sicher sein  konnte, dass seine schlechte Behandlung des Angeklagten und seiner Familie straflos bleibt.

Danach nahm der Angeklagte an allen Gerichtsverhandlungen teil und erfüllte alle zusätzlichen Pflichten. In der Zwischenzeit hat er eine junge Tschechin geheiratet, die jetzt ein Kind von ihm erwartet.

Die Behörden haben aber die Idee nicht aufgegeben, gleichzeitig 150 Millionen CZK in der Kasse  haben und einen iranischen Milliardär hinter das Gitter zu bekommen. Am 2. Dezember 2016 wurde er wieder angehalten und beschuldigt, während seiner Haft in 2015 eine kriminelle Gruppe ausgebildet zu haben, die Zeugen im „grossem“ Verfahren zu seinen Gunsten beeinflussen sollte.  So ist das „kleine“ Verfahren entstanden.

Das Stadtgericht Brünn hat Shahram Abdellah Zadeh und zusammen mit ihm weitere fünf Personen in Haft genommen, obwohl klar war, dass er während der Haft keine persönlichen Kontakte zu den Mitbeschuldigten hatte. Sie haben alle Aktivitäten ohne sein Wissen realisiert. Als Ergebnis enthielt er später Erklärungen von Zeugen in Form von notariellern Protokollen, die einige Zeugenaussagen aus dem Vorverfahren widerlegen sollten. Außerdem haben die Zeugen Strafanzeigen gegen die Ermittler vorgestellt, die aber keine Folgen für die Polizisten hatten.

Seit 2. Dezember 2016 nimmt Shahram Abdullah Zadeh an Gerichtshandlungen teil, stets in Begleitung von  sechs mit Maschinengewehren bewaffneten Gefängniswächtern. Drei von ihnen bleiben mit ihm im Gerichtssaal: wahrscheinlich schützen sie ihn vor dem Richter, Anwälten und bestimmten Personen von aus der Öffentlichkeit. Er hatte die oben angeführten Erklärungen während seines Verhörs vor dem Gericht zur Verfügung, aber hat sie nicht gebraucht. Gemäß dem aktuellen tschechischen Strafgesetz sind am meisten die Vorbereitungen einer Straftat straffrei.

Seine sogenannten Helfer haben für ihre Bemühungen gutes Geld erhalten. Aber sie haben die Polizei freiwillig über seiner Tätigkeit informierten und das gesamte verdiente Geld freiwillig herausgegeben. Alle Kontakten zu ihm und allen Mitbeschuldigten haben sie der Polizei immer gemeldet. Selbstverständlich waren sie weder unter den Mitbeschuldigten noch in Haft.

Es gibt eine wirkliche Kuriosität: eine Verbrechergruppe, in der die Hauptarbeit nur Helfer der Polizei vollbrachten. Derartiges sieht man nicht oft.

Das Gericht hat nur im Falle von Shahram Abdullah Zadeh alle drei gesetzlichen Haftungsgründe angewendet .  Die Kaution hatte in diesem Fall für das Gericht keine Bedeutung   und das Kreisgericht Brünn war damit einverstanden. Es  gibt noch eine Kuriosität: zwei Richter  desselben Gerichts haben dieselbe Frage auf unterschiedliche Weise entschieden.

Die Kollusionshaft ist auf 3 Monaten begränzt, d.h. sie sollte in unserem Fall am 3. März enden. Wegen der Unverantwortlichkeit des Staatsanwalts wurde sie erst am 11.  April vom Stadtgericht aufgehoben. Die Verlängerung von der Kollusionshaft war ein unangenehmer Eingriff ins Familienleben des Ehepaars, weil es die Anwesenheit einer Polizistin bei den Besuchen ertragen musste.

Am 11. April 2017 beschloss das Stadtgericht Brünn, den Beschuldigten aus der Haft zu entlassen. Das Kreisgericht hat diese Entscheidung auf Beschwerde des Staatsanwalts diese Entscheidung annulliert. Nach Auffassung des Staatsanwalts und des Gerichts besteht die Gefahr der Flucht von Shahram Abudullah Zadeh trotz der Kaution fort, auch sei es möglich, dass er seine Straftätigkeit fortsetzt. Es ist nur unklar, mit wem er sie fortsetzen könnte, wenn die Gruppe der angeblichen Mittätern von der Polizei zerschlagen wurde.

Die Verteidiger haben die schriftliche Entscheidung erst am 19. Juni 2017 erhalten.

Am 19. Juli 2017 hat fand eine weitere Gerichtsverhandlung des Stadtgerichts von Brünn stattgefunden. Das Gericht hat in diesem Fall hat den Freilassungsentwurf abgelehnt. Der Richter hat sich der rechtlichen Auffassung desAnsicht vom Kreisgerichts Brünn untergeordnet. Die Kaution wurde erneut in Betracht nicht gezogen. Es wird unter Zadeh´s Freunden über das staatliche Banditismus gesprochen.

Niemand weiß, wann Shahram Abdullah Zadeh freikommt. Das ist nur ein Beispiel, wie es in der Tschechischen Republik mit der Einhaltung von Gesetzen im Strafverfahren tatsächlich aussieht. Leider ist das keine Ausnahme. Ich könnte noch andere ähnliche Beispiele zuliefern, allerdings ist die Konzentration von Anomalien in diesem Fall außerordentlich hoch.

Über den Autor: Ich bin ein spezialisierter Blogger, der die Anomalien von Strafverfahren verfolgt. Ich bin  Mitglied von der Bürgervereinigung „Šalamoun“ (Solomon), die Justizopfer unterstützt. Der Präsident von „Šalamoun“ John Bok ist ein ehemaliger Dissident (Kämpfer gegen das kommunistischen Regime), einer der  persönlichen Freunde des ehemaligen Präsidenten Václav Havel.










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